„Trialog der Religionen Judentum, Islam und Christentum“ vor Schüler/innen der E-Phase der AES

 

 

„Der Islam hat eine viel größere Vielfalt und Pluralität, als es in den Medien und der Öffentlichkeit transportiert wird. Im Fokus des Interesses stehen leider oft die Extremisten unserer Religion.“

Mit dieser Feststellung in leicht bedauerndem Ton schloss Samina Khan, Muslima mit indischer Mutter und pakistanischem Vater und ehemalige Frauenbeauftragte der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen eine ihrer ersten Redebeiträge.  Eine Schülerin hatte von ihr wissen wollen, wie radikal denn der Islam tatsächlich ihrer Meinung nach sei. Authentisch beantwortete sie den Schüler/innen deren Fragen zu ihrer Religion, ganz wie es das Anliegen des Abrahamischen Religionsgesprächs an der AES seit nunmehr sechs Jahren ist.

 

 

Samina Khan

 

Immer wieder wiesen sie und auch die jüdische Vertreterin Petra Kunik, Mitglied der jüdischen Gemeinde Frankfurt, darauf hin, dass viele der kriegerischen Auseinandersetzungen, vermeintlich im Namen der Religion geführt, aber auch z. B. das Tragen religiöser Kleidung, oft gar nicht den Ursprung in den Religionen haben, sondern vielmehr Ergebnis politischer oder gesellschaftlicher Auseinandersetzungen oder Entwicklungen seien.

 

 

Petra Kunik

 

Neben den beiden Damen übernahm  Bad Sodens Pfarrer Andreas Heidrich, Vorstandsmitglied im „Arbeitskreis der EKHN für das christlich-jüdische Gespräch“ den christlichen Part. Unter Zustimmung der anderen Diskussionsteilnehmerinnen zitierte er den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber: „Alles Leben ist Begegnung“, womit dieser zum Ausdruck brachte, dass Begegnung und Kommunikation das beste Gegenmittel gegen Einwanderungs- und Überfremdungsängste sei.

In diesem Jahr standen im Zentrum des Schülerinteresses erstaunlich viele grundlegende Fragen zum Glauben und der gelebten Praxis der drei Religionen. So erklärte Frau Khan beispielsweise die Herkunft des Schächtens sowie das Verbot des Essens von Schweinefleisch, Frau Kunik erläuterte die Funktionen von Kippa und Gebetsschal oder legte dar, warum man Jude ist, wenn die Mutter jüdisch ist, und Pfarrer Heidrich klärte auf über die Hintergründe der Fastenaktion „7 Wochen ohne“ der Evangelischen Kirche. Dabei war ein Raunen unter den Schüler/innen der E-Phase zu vernehmen, als er ausführte, im letzten Jahr habe diese Fasten unter dem Motto „7 Wochen niemanden beleidigen“ gestanden – das konnte sich dann doch kaum einer der Jugendlichen für sich vorstellen.

 

 

Pfarrer Andreas Heidrich

 

Ein weiterer Konsens unter den drei Diskutanten ergab sich bei der Feststellung, dass es in einer säkularen Gesellschaft sehr schwer sei, religiös zu leben, weswegen z. B. Muslime bisweilen Schwierigkeiten hätten, alle der 5 geforderten täglichen Gebete zum jeweiligen Tageszeitpunkt verrichten zu können, und daher dazu übergehen müssten, mehrere Gebete zu einem großen Gebet zusammen zu fassen.

Natürlich standen aber auch wieder aktuelle Themen im Fokus: Der Film „Er ist wieder da“ über Adolf Hitlers fiktives Auftreten in der heutigen Gesellschaft wurde angesprochen, Schüler wollten den Standpunkt der Religionen zur Homosexualität erläutert wissen, Frau Khan berichtete von einer jüngst gegründeten facebook-Gruppe „Arabs and Jews refuse to be enemies“, und natürlich kreisten viele Fragen auch um die aktuelle Flüchtlingsproblematik in Deutschland und das Aufeinanderprallen von religiös wie gesellschaftlich divergierenden Vorstellungen.

 

Kurz vor Ende der Veranstaltung formulierte Frau Khan noch einmal das, was wohl allen Anwesenden ein großes Anliegen ist und weshalb die Abrahamischen Teams auch vor Jahren ins Leben gerufen wurden: „In der Regel werden die Menschen toleranter, wenn sie mehr wissen über andere Religionen.“

 

Die Moderation übernahmen auch in diesem Jahr wieder Schüler/innen der E-Phase: im 1. Block Björn Henrichsen und Johannes Ditzel, im 2. Block Teresa v. Habsburg und Amelie Steinbrinker.

 

 

Das Podium im 2. Block

 

Ein besonderer Dank gilt zum Abschluss den Institutionen, die diese Veranstaltung durch ihre finanzielle Unterstützung seit Jahren ermöglichen: dem Interkulturellen Rat in Darmstadt, dem Bundesinnenministerium sowie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im MTK (CJZ).

 

 

Jochen Kilb, Fachbereichsleiter Gesellschaftswissenschaften

Fotos: AES

 

 

Kommende Veranstaltungen

Keine Veranstaltungen gefunden