Fünftes Abrahamisches Religionsgespräch an der AES Schwalbach

 

 

Wir müssen so weit kommen, dass wir Religionen nebeneinander zu unserem Gott beten und dabei den jeweils anderen in seinen Traditionen respektieren.“ Nach dieser Aussage von Petra Kunik, einer Jüdin aus der jüdischen Gemeinde Frankfurt, herrschte im Kleinen Saal des Bürgerhauses Schwalbach einen Moment lang Stille im Auditorium, bestehend aus Schüler/innen der E-Phase der AES Schwalbach. Und Sawsan Chahrrour, eine Muslimin, die in Damaskus geboren wurde und mit 20 Jahren nach Deutschland kam, fügte hinzu: „Dabei sollte jeder seine religiöse Identität ganz bewusst beibehalten“.

Ein kleines Jubiläum feierte die Veranstaltungsreihe „Abrahamisches Gespräch – jüdisches, muslimisches und christliches Leben in Deutschland“ diesmal, sind es doch bereits 5 Jahre, in denen dieses Gespräch zur Tradition am Schwalbacher Gymnasium wurde.

Auch diesmal übernahmen wieder jeweils zwei Schüler die Moderation der zwei Gesprächsblöcke: Im ersten Block waren dies Max Krekel und Benjamin Frey, im zweiten Block Isabel Langfeld und Lucas Sothmann, die alle vier sehr souverän die von ihren Mitschülern vorgebrachten Fragen sondierten, zusammen fassten und weiter leiteten.

 

 

 

Foto: Das Podium beim 5. Abrahamischen Gespräch: Petra Kunik, Sawsan Chahrrour, Andreas Heidrich, Max Krekel und Benjamin Frey

 

So waren z. B. die wichtigsten Feste der drei Religionen ein Thema, das beide Gruppen interessierte. Und da gab es allerhand neue Erkenntnisse für die Schüler. Sawsan Chahrrour erklärte den verblüfften Schülern, dass es im Islam eigentlich nur zwei große Feste gebe: das Fastenbrechen und das Opferfest.

Und selbst für viele der anwesenden christlichen Schüler war folgende Erkenntnis neu, die Pfarrer Andreas Heidrich aus Bad Soden, Vertreter des Christentums an diesem Morgen, beitrug: „Wisst Ihr eigentlich, was das wichtigste christliche Fest ist? Nicht Weihnachten, sondern Ostern.“ Dass allerdings mehrere Schüler auf seine Frage wussten, welchen Hintergrund das Pfingstfest hat, überraschte dann seinerseits den christlichen Pfarrer.

Ein weiterer großer Themenblock betraf die aktuelle Frage des islamistischen Gotteskämpfer in Syrien. Die Aussage von Sawsan Chahrrour konnte eindeutiger kaum sein: „Der so genannte IS ist eine neue, durchgedrehte Terrorgruppe von bezahlten Söldnern, die für das Morden bezahlt werden.“

Sawsan Chahrrour betonte außerdem, dass der deutsche Staat seit mehreren Jahren in der Ausbildung seiner Staatsbediensteten darauf setze, dass diese interkulturelle Kompetenz erlangten. Deshalb sei sie auch als Leiterin der Stabsstelle an der Polizeihochschule Wiesbaden für die interkulturelle Kompetenz der zukünftigen hessischen Polizisten und Verwaltungsangestellten zuständig. „Ich fand das sehr interessant und könnte mir sogar vorstellen, einmal Polizist zu werden. Klar, dass ich dann auch die anderen Religionen und Kulturen kennen muss“, so ein Schüler im Gespräch nach dem ersten Block.

Im zweiten Gesprächsblock entwickelten die anwesenden Schüler schneller eine Eigendynamik beim Stellen ihrer Fragen. So kam das Gespräch recht bald auf die Sexualität in den drei Religionen. Verblüfft waren einige von der liberalen Haltung der jüdischen Vertreterin Petra Kunik, die erklärte: „Alles, was zwei Menschen freiwillig in gegenseitiger Liebe und Verantwortung tun, hat im Judentum Gottes Segen.“ Und auch der Standpunkt des Judentums zur Abtreibung war für viele überraschend: „Das Ungeborene ist im jüdischen Verständnis Teil der Mutter. Sie bestimmt, was mit ihrem ungeborenen Kind passiert, sie entscheidet auch über die Frage der Empfängnisverhütung.“

Kontroverser war da schon die Diskussion über die verschiedenen Sichtweisen der gleichgeschlechtlichen Liebe: Andreas Heidrich erläuterte, dass es hier innerchristlich verschiedene Sichtweisen gebe, in der evangelischen Kirche aber homosexuelle Paare gesegnet werden könnten.  Sawsan Chahrrour stellte dar, dass der Islam gleichgeschlechtliche Liebe nicht befürworte. Jedes Kind habe das Recht, Vater und Mutter zu haben.

Die Stille im Raum während der 2 x 90 Minuten sowie der große Applaus am Schluss zeigten, dass diese Veranstaltung auch in diesem Jahr wieder großen Zuspruch bei den Jugendlichen fand.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass das Abrahamische Gespräch an der AES finanziell unterstützt wurde durch das Bundesministerium des Inneren, den Interkulturellen Rat in Darmstadt, der auch die Koordination übernimmt, sowie die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im Main-Taunus-Kreis (CJZ).

 

Jochen Kilb

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit AES

 

 

 

 

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