Theateraufführungen der Stufe 13

250 Gäste beklatschen die Schiller-Collage der Schüler

Von Anne Zegelman (Printausgabe, Höchster Kreisblatt, 05.12.2005)

Schwalbach. Regungslos blicken die Augen der Steinfiguren ins Publikum. Nur, wenn der Museumswärter mit seinem jungen Schüler an ihnen vorbei geht, erwachen steinernen Gesichter. Dann flüstert die Wesen Zitate aus bekannten Schillerstücken, heben die Arme zum Himmel oder sinken vor Hingabe auf die Knie. «Die Axt im Haus erspart den Zimmermann», rezitiert eine Steinfigur. «Weißt du, woher dieses Zitat stammt?», fragt der Museumswärter den etwas ratlosen Jungen neben sich. Der sprudelt sofort hervor: «Das hat mein Opa immer gesagt.»

Die 250 Besucher lachen und geben Szenenapplaus. Obwohl es bei der Theateraufführung «Deine Zauber binden wieder» in der Albert- Einstein- Schule viel zu voll ist und die Stühle dicht gedrängt stehen, verfolgen die Zuschauer aufmerksam das Bühnengeschehen. Theaterlehrer Gerd Müller-Droste hat das zweistündige Stück des 13er Kurses «Darstellendes Spiel» mit großer Liebe zum Detail umgesetzt.

In die selbst ausgedachte Rahmenhandlung sind Szenen aus Schillers Werken und seinem Leben eingebettet. Ein Schüler, komödiantisch dargestellt von Max Steinebach, verirrt sich während eines Schulausflugs im Museum. Florian Fellmer in der Rolle des buckligen Wärters freut sich über den unverhofften Besuch. Der Schiller-Spezialist führt den Schiller-Neuling nicht nur im Museum herum, sondern auch in die Werke des Dichters ein. Auch aus dem wirklichen Leben des Dichters haben die Schüler der Stufe 13 Szenen gebastelt. In der Karls-Schule hält Lehrer Nies seinem jungen Schüler Schiller einen Vortrag über die Wichtigkeit eines ordentlichen Zopfes, und in der «Jagdhütte» treffen sich Deutschlands beste Dichter auf ein Glas Wein. Routiniert wirken Marcel Schumann und Timo Rosenberger dort in der Rolle der konkurrierenden Dichter Goethe und Schiller, doch vor allem Lennart Guth als bewundernder Goethe-Freund Eckermann bringt Witz in die Szene. Bezaubernd spielt auch «Engel» Aline Rühtz das Gute in der Szene aus «Kabale und Liebe».

Die Bühnendekoration der drei Spielorte ist fantasievoll. Schillerporträts voller Spinneweben hängen an der Wand. Sieben Schüler des Leistungskurses Kunst haben sich besondere Mühe gegeben, Museumsatmosphäre zu erzeugen. Ihr mehrere Meter breites Bild zeigt einen Schlossgang, von Ritterrüstungen flankiert, dahinter die alte Steinmauer. Sogar die Tür des Mehrzweckraums ist mit grünem Stoff verhangen, Lichteffekte und Musikeinspielungen schaffen Atmosphäre. Die Zuschauer sitzen sich in zwei Publikumsblöcken gegenüber. «Auf diese Weise kann jeder alles sehen», erklärt Gerd Müller-Droste die ungewöhnliche Bestuhlung. Die ehemals beliebten Drehstühle haben ausgedient. «Sie quietschen zu sehr und würden wertvollen Platz wegnehmen», so Müller-Droste. Das Publikum genießt das Stück, das trotz seiner Länge ein kurzweiliger Spaß ist.

Schwalbacher Albert-Einstein-Schule führt Stück über den Dichter auf / Spukgestalten aus berühmten Werken

von Christine Vaternahm (Printausgabe, Frankfurter Rundschau, 29.11.05)

Kein erhobener Zeigefinger, keine didaktische Botschaft: Das Theaterstück, das Schüler der Schwalbacher Albert-Einstein-Schule zum Schiller-Jahr einstudiert haben, soll unterhalten und mit witzigen Dialogen Jugendlichen die Werke des berühmten Dichters näher bringen.

Schwalbach. „Franz heißt die Kanaille“, „Freude schöner Götterfunken“, „Früh übt sich, wer ein Meister werden will“. Wie Pfeile umschwirren den Jungen, der sich ins Schlossmuseum verirrt hat, die Sätze, die die wachsfigurengleichen Gestalten um ihn herum absondern. Bis auf die Tatsache, dass sie seltsamerweise reden können, sind sie starr wie bei Madame Tussaud. Bis eine Uhr Mitternacht schlägt. Dann verwandeln sie sich in Geister, und der Spuk beginnt. „Die Rahmenhandlung ist eine Eigenproduktion“, erläutert Theaterlehrer Gerd Müller-Droste. Zusammen mit 20 Schülern im Alter von 18-19 Jahren hat er das Stück „Deine Zauber binden wieder“ einstudiert. Es spielt in besagtem Schlossmuseum. Dort haust ein skurriller   Museumswächter zusammen mit den Figuren aus Friedrich Schillers Stücken. Er staubt sie ab und redet mit ihnen, doch Besuch kommt so gut wie keiner mehr.

 

Berühmte Zitate – alle von Opa?

Bis eines Tages der Junge aus purer Neugier an die Pforte klopft, hereingelassen wird und trotz seiner Angst und Verschüchterung auch so schnell nicht wieder herauskommt. Mit Schiller hat er's nicht so sehr, weshalb ihm auch nie einfällt, welche Figur die berühmten Sätze wie „Durch diese hohle Gasse muss er kommen“ oder „Tochter aus Elysium“ gesagt hat, wenn ihn der Museumswächter danach fragt. Sein Opa sei's gewesen, behauptet er, oder sein Lehrer.

Als er nach den Belehrungen des Wächters naiv glaubt, alle Sätze stammten aus der Feder des gleichen Dichters, fällt er bei „Da steh ich nun ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor“ wieder herein, als er auf die Frage des Wächters „Schiller“ statt „Geothe“ antwortet.

Eine Mischung aus Spielszenen, die Phasen aus Schillers Leben vorstellen, Figuren wie in der Rocky Horror Picture Show oder im „Tanz der Vampire“ von Roman Polanski und ausgedachte Szenen machen das Stück aus. Schiller trifft Goethe und Eckermann in einer Jagdhütte, und Schiller will Skat mit ihnen spielen. Das klappt nicht, weil Goethe die Bedeutung des Wortes „Reizen“ missversteht und sich mit Eckermann anlegt, bevor er ihn zu erotischen Abenteuern verführen will. Also reden die drei über Dichtung, und schon ist wieder Gelegenheit, berühmte Gedichte ans Publikum zu bringen.

Balladen, wie „Der Handschuh“ oder „Die Bürgschaft“ stellen die Schüler in Szenen dar, in Maria Stuart wird Elisabeth von einem naiv-blöden Henker aus Versehen zu früh geköpft, woraufhin er einen hysterischen Lachanfall bekommt. Wilhelm Tell ist kaum noch wiederzuerkennen, und der Parforceritt durch des Dichters Werke endet nach der Gespensternacht im Schloss schließlich mit dem Tod des berühmten Autors.

                                                                                                               

Für die Probe des Theaterstücks gibt's sogar schulfrei

(Printausgabe, Höchster Kreisblatt 29.11.2005)

Schwalbach. Der junge Mann betritt die Bühne mit einem festen Ziel: Er will den Löwen einen gut bewachten Handschuh abnehmen. «Hallo Löwen», begrüßt er sie und streichelt ihnen zärtlich über die Mähnen. Diesem Charme können auch die gefährlichen Raubtiere nicht widerstehen. «Hallo, Otto», sagen sie freundlich, während sie sich an seine Beine schmiegen. «Das war schon ganz gut», ruft Theaterlehrer Gerd Müller-Droste den drei Schülern auf der Bühne zu. «Jetzt müssen wir nur noch das mit dem Licht hinkriegen.»

In der Aula der Albert-Einstein-Schule (AES) wird zur Zeit intensiv geprobt. Denn wenn die 20 Schüler am Mittwoch, 30. November, mit ihrem Theaterstück Premiere feiern, soll jede Szene sitzen. Das Thema des Kurses «Darstellendes Spiel» der Stufe 13 ist, passend zum 200. Todestag des großen deutschen Dichters, Schillers Leben und seine Werke.

Die Rahmenhandlung der Inszenierung mit dem Titel «Deine Zauber binden wieder . . .» hat Gerd Müller-Droste sich selbst ausgedacht. «Es geht um einen Museumswärter, der mit den Schillerfiguren alleine im dunklen Schloss haust», erzählt der Theaterlehrer. «Als ein Schüler sich bei einem Klassenausflug im Labyrinth des geheimnisvollen Gebäudes verirrt, trifft er den vereinsamten Mann, dessen einzige Unterhaltung die Schillerfiguren sind.» Der Schüler kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, als er mit den Größen der Literaturgeschichte konfrontiert wird, die er bis dahin nur vage aus dem Deutschunterricht kennt. Chronologisch werden entlang der Rahmenhandlung Lebensetappen Schillers und Szenen aus seinen Werken gezeigt.

«Mir geht es darum, Schiller nicht pädagogisch didaktisch darzustellen, sondern unterhaltsam und witzig», betont Gerd Müller-Droste. Bereits seit Mai proben die motivierten Schüler den schwierigen Stoff mit hohem Klassikeranteil. Erst nur einmal in der Woche im Unterricht, mittlerweile seit einem Monat auch am Wochenende. «Es ist schon anstrengend», sagt Cornelius Dorf (19). «Am Anfang haben wir gleich mit Durchlaufproben angefangen, und das hat nicht geklappt. Deshalb haben wir erstmal mit Einzelproben weitergemacht.»

Ein bisschen aufgeregt sind inzwischen alle. «Klar bin ich etwas nervös, aber die Theaterarbeit macht total Spaß», sagt Laura Reul (18). Max Steinebach hat mit der Rolle des Schülers eine der Hauptrollen übernommen. «Ich habe nicht so viel Text und muss deshalb eher spielen statt sprechen», erklärt der 18-Jährige. Auch ihm gefällt die intensive Arbeit. «Aber es ist nervig, dass bei einer Probe immer alle anwesend sein müssen. Denn wenn eine Szene mal nicht so gut klappt und 45 Minuten daran gearbeitet wird, sitzen die anderen nur rum.» Max hat bereits Theatererfahrung bei Aufführungen in Gießen und Wetzlar gesammelt. «Ob ich nach dem Abi etwas mit Theater machen will, weiß ich aber noch nicht.» Auch wenn das reibungslose Zusammenfügen der Szenen dem Theaterlehrer noch drei Tage vor der Premiere Kopfschmerzen bereitet, ist er zuversichtlich, dass bis Mittwoch alles fertig wird. Dafür sind die Schauspieler sogar am Montag vom Unterricht befreit, um sich ganz den Proben widmen zu können.

Das Stück «Deine Zauber binden wieder . . .» wird am Mittwoch, 30. November, und am Donnerstag, 1. Dezember, in der Aula der AES, Ober der Röth, um 19.30 Uhr aufgeführt. Bei der Vorstellung am Samstag, 3. Dezember, hebt sich um 20 Uhr der Vorhang. Karten kosten fünf Euro für Erwachsene und 3,50 Euro für Schüler. Sie können im Sekretariat der Schule unter (0 61 96) 8 89 10 vorbestellt werden. (aze)