Petra Kunik, die jüdische Vertreterin, die bereits zum siebten Mal dabei war, betonte, dass sie als Jüdin es in dieser Frage leichter habe als ihre männlichen Glaubensgefährten, gilt doch ein Kind immer dann als jüdisch, wenn die Mutter jüdisch ist, unabhängig von der Glaubensrichtung des Vaters. Diese Aussage bewirkte, da offenbar vielen nicht bekannt, ein kurzes Murmeln im Auditorium. Ein richtiges Raunen ging gar durch den Zuschauersaal, als Petra Kunik erklärte, ein Sabbat-Gottesdienst in der Synagoge könne durchaus auch drei bis fünf Stunden andauern, nicht ohne in ihrer bekannten humorvollen Art dabei zu erwähnen, wie sich die Frauen auf der Empore bisweilen die Zeit etwas kurzweiliger gestalten können.
„Hatten Sie jemals Glaubenszweifel?“, wollte eine Schülerin wissen. Kunik antwortete mit der hebräischen Bibel, dass die Bedeutung des Wortes „Israel“ folgende sei: „der mit Gott ringt“, woraus klar werde, dass die Glaubenszweifel schon seit jeher untrennbar zur Religion dazu gehörten.

Teilnehmerfoto Abr. Gespräch


Den christlichen Part der Veranstaltung, die in zwei Blöcken ausgetragen wird, so dass alle Schüler des Jahrgangs die Gelegenheit haben, sie zu hören, teilten sich Pfarrer Andreas Heidrich aus Bad Soden (1. Block) und Pfarrerin Susanna Faust-Kallenberg. Für Heidrich war es u. a. wichtig zu betonen, dass der Dialog der Religionen immer dann gut gelinge, wenn die beteiligten Personen sich darauf einließen und gut miteinander auskämen. Dass dem an diesem Tage so war, daran ließ keine und keiner der Beteiligten einen Zweifel. Heidrich konnte die Schüler mit vielen Beispielen von gelungener Zusammenarbeit vor Ort in Bad Soden, aber auch mit Erlebnissen aus seiner Studien- und Vikariatszeit, die er zum Teil in Israel verbrachte, beeindrucken. Es wurde klar, dass dies nicht immer nur positive Erlebnisse waren, dass es aber darauf ankomme, dass die Dialogbereitschaft zu möglichst vielen positiven Erlebnissen und Begegnungen führen müsse.
In dieselbe Kerbe stieß auch Frau Faust-Kallenberg. Sie wurde von einem religionskritischen Schüler gefragt, ob denn Religion nicht auf eine Ruhigstellung oder gar „Verdummung“ der Menschen hinaus laufe, worauf sie antwortete, dass die Weltgeschichte dagegen spreche, indem sie zeige, dass religionsübergreifend gerade viele gläubige Menschen die Welt aktiv ein Stück besser gemacht hätten. Und auf den Einwand, ob Religionen durch ihre inhaltliche Abgrenzung untereinander nicht eher etwas Trennendes als Verbindendes hätten, sagte sie: „Wenn alle das Gleiche denken und glauben würden, wäre es eine furchtbar langweilige Welt.“
Alle Diskutierenden waren sich einig, dass die Unterschiede der Religionen nicht zu negieren und auch wichtig für die eigene religiöse Identität seien; zugleich betonten sie aber, dass auf der Basis einer nahezu identischen religiösen Ethik das gemeinsame Ziel lauten müsse, friedlich und gut miteinander zu leben.
Und wieder packte Cimsit diesen Sachverhalt in ein für die Schüler verständliches Bild: „Unsere Werte sind dieselben, in der Glaubenspraxis unterscheiden wir uns, ganz so, wie man halt unter Geschwistern auch immer mal wieder einen Streit hat.“

Ein besonderer Dank gilt den Institutionen, die diese Veranstaltung durch ihre finanzielle Unterstützung seit Jahren ermöglichen: dem Interkulturellen Rat in Darmstadt, dem Bundesinnenministerium sowie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im MTK (CJZ).

Jochen Kilb, Fachbereichsleiter Gesellschaftswissenschaften

 

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