Bericht der Klasse 10f über die Klassenfahrt nach Berlin (10. bis 14.10.2005)

1. Ein Rundgang durch das Parlamentsviertel

Am Montagabend machten wir uns auf, das Parlamentsviertel Berlins anzuschauen.Als erstes besuchten wir die   Ausstellung „Topografie des Terrors“, in der es um die Gräueltaten der Nazis im Zweiten Weltkrieg, sowie die Nürnberger-Prozesse geht. Auf diesem Gelände waren zwischen 1939 und 1945 die SS-Zentrale und auch die Gestapo (Geheime Staatspolizei) ansässig.

Das Gelände ist in zwei verschiedene Ebenen unterteilt. Die untere Ebene, mit den bebilderten Informationen zu Bücherverbrennung und den Verläufen der Nazis in den Nürnberger Prozessen, ist mit Hilfe einer Treppe gut zu erreichen. Auf diesem Gelände beeindruckte uns am meisten, dass die Regierung 5 Jahre brauchte um wirklich durchzusetzen, dass dieses Gelände als Informations- und Gedenkstätte benutzt werden kann, da wir finden, dass es sehr wichtig ist, die Jugend mit solchen Dingen früh genug zu informieren.

Wir gingen weiter und schauten uns den Bundestag von außen und innen an. Die Inschrift „Dem Deutschen Volke“ war dem Kaiser Wilhelm II. beim Bau des Gebäudes zu „demokratisch“, daher wurde sie erst 1916 angebracht. Die spektakuläre Verhüllungsaktion des Künstlers Christo und seiner Frau Jeanne-Claude im Sommer 1995 blieb dem deutschen Volk im Gedächtnis. Nachdem wir durch die Sicherheitsschleuse gegangen waren, konnten wir uns den Plenarsaal, in dem die Politiker tagen, von außen angucken. Die Aussicht von der Besucherterrasse war großartig, man konnte sehen, dass auch abends Berlin immer noch eine lebendige Stadt ist. Danach liefen wir zu Fuß zum nahe gelegenen Kanzleramt, wo die Bundeskanzlerin

arbeitet. Jeder Schüler sollte ein Referat zu den verschiedenen Gebäuden vortragen. Uns wurde erklärt, dass das Kanzleramt mit jedem anderen Amt und Ministerium verbunden ist und somit eines der wichtigsten Regierungsgebäude Berlin ist. Am westlichen Ende des Pariser Platzes sahen wir das Brandenburger Tor, das in der Zeit , als Deutschland geteilt war, als Symbol für die deutsche Teilung galt.

2. Holocaustmahnmal

Auf unserer Klassenfahrt haben wir das Holocaustmahnmal besucht. Auf einer sehr großen Fläche, ragten in einer bestimmten Reihenfolge große, graue und glänzende Blöcke aus der Erde. Die Blöcke stehen wahrscheinlich für die vielen Leute die ermordet beziehungsweise in dieser Zeit in den Konzentrationslagern ums Leben kamen. Man konnte von allen Seiten das Denkmal betreten, es gab überall Durchgänge und Gedenktafeln waren in den Boden eingelassen. Viele Leute besichtigten das Denkmal. Von der Mitte aus gesehen wirkte das Denkmal sehr bedrückend und endlos.

Im Unterricht hatten wir einige Argumente, die für das Holocaustmahnmal sprachen und die in der öffentlichen Debatte vor seiner Errichtung vorgebracht wurden, erarbeitet und wollten diese nun durch das Begehen des Denkmals überprüfen. Dabei wurde klar, dass    die Größe des Denkmals eine besondere Atmosphäre schafft. Die Steine vermitteln   das Gefühl von Kälte und Bedrängnis. Was in der uns bekannten Debatte über das Mahnmal nicht genannt wurde, von uns aber als gut befunden wurde, waren die sehr scharfkantig und unterschiedlich großen und teilweise schiefen Blöcke, wodurch das Denkmal lebendiger wirkte. Weiterhin konnte man sich auf die Steine stellen und hatte so eine sehr gute Aussicht über das gesamte Denkmal.

Einige negative Argumente und Aspekte waren, dass dieses Denkmal das Nachdenken über die Verbrechen der Nationalsozialisten verdrängt, was wir teilweise bestätigen konnten, da man zum einem Leute sah, denen dies alles sehr nahe ging, zum anderen dort viele Kinder und Jugendliche Verstecken spielten und an diesem Denkmal viel Freude hatten anstatt darüber nachzudenken, was früher passiert ist.

Weiterhin fiel uns auf, dass das Denkmal, durch seine Begehbarkeit von allen Seiten nicht der früheren Situation, in der man nicht einfach weggehen konnte, entsprach. Unter dem Holocaustmahnmal gab es auch ein Museum, welches wir nicht mehr besuchen konnten, was sehr schade war. In diesem Museum wurde der Holocaust genauer beschrieben.

Durch das Besichtigen des Holocaustmahnmals haben wir gelernt, dass der Holocaust eine Sache ist, die man nicht vergessen kann und an die man sich immer erinnern sollte. Weiterhin haben wir ein wenig von den Gefühlen und Zuständen, die die Menschen damals hatten (Angst, Erniedrigung, Bedrängung, Verfolgung) erlebt beziehungsweise erfahren. Dieses Gefühl kam vor allem dadurch zustande, dass das Denkmal schier unendlich groß war und man sich durch die überdimensional großen, dunklen Steine bedroht beziehungsweise bedrängt fühlte. Einen kleinen Teil trug aber auch die gelungene Architektur und die Farbe des Denkmals bei.

 

  

3. Das STASI-Gefängnis früher und heute

Das heutige STASI-Museum und damalige STASI-Gefängnis befindet sich in Berlin Hohenschönhausen, Genslerstraße 66.

Die Sowjets nutzten das Gebäude von Mai 1945 bis Oktober 1946 als Sammel- und Durchgangslager für politische Gefangene.

Im März 1951 übernahm das MFS (Ministerium für Staatssicherheit) das Gebäude mit den Gefängniszellen im Keller.

In den 5oer Jahren ließ das MFS von den Häftlingen einen Neubau mit über 2oo Zellen und Vernehmungszimmern errichten.

Viele Menschen, die mit dem DDR-Regime nicht einverstanden waren und deshalb politisch verfolgt wurden, und nun versuchten aus der DDR zu fliehen, kamen in diesem Gefängnis in Untersuchungshaft, wo sie monatelang verhört wurden, bevor sie ihre Haftstrafe in anderen Gefängnissen ableisten mussten.

Noch bis 1989 saßen dort Menschen in Untersuchungshaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Haftanstalt im Oktober 1990 aufgelöst. Die zentrale Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin wurde für immer geschlossen. Ehemalige Häftlinge erreichten, dass das Gefängnis 1992 unter Denkmalschutz gestellt und 1995 sogar als Gedenkstätte erklärt wurde.

Die Besichtigung des ehemaligen STASI-Gefängnis ist nur im Rahmen einer Führung möglich.

Als wir dort waren, führte uns eine Zeitzeugin über das Gelände.

Zuerst haben wir uns eine Gummizelle im Keller des Gebäudes angesehen. In diese Zellen kamen Häftlinge, die Ärger machten oder versuchten, sich umzubringen. Wenn man in dieser Zelle war, bekam man nur alle 2-3 Tage ein bisschen Suppe zu Essen, außerdem war man auf den Wächter vor der Tür angewiesen, wenn man auf die Toilette musste, da sich in der Zelle keinerlei Einrichtung befand. Des weiteren hatte die Gummizelle kein Fenster und kein Licht.

Danach haben wir uns die Vernehmungszimmer angesehen, welche sehr schlicht mit einem Schreibtisch, einem Telefon und Stühlen ausgestattet waren. In den Vernehmungszimmern herrschte ein 1:3 Verhältnis, d.h. ein Verdächtiger wurde von 3 Vernehmern befragt.

Als nächstes haben wir uns die einzelnen Zellen angesehen. In den Zellen befand sich meist nicht mehr als eine harte Holzpritsche, ein Waschbecken und eine Toilette.

Jede Zellentür hatte ein kleines Guckloch, durch das die Wärter in die Zelle blicken konnten. Jeder Häftling musste mit dem Gesicht zur Tür schlafen, damit die Wärter sehen konnten, dass er sich nichts angetan hatte. Außerdem durfte nur nachts geschlafen werden. Tagesüber war es verboten sich auf die Pritschen zu legen.

Im STASI-Gefängnis wurde strengstens darauf geachtet, dass die Häftlinge keinerlei Orientierung hatten und dass sie von den anderen Häftlingen isoliert waren. In den Gängen befanden sich deshalb Ampeln. Wenn ein Wärter mit   einem Häftling (mit dem er kein Wort sprechen durfte) den Gang entlang lief und die Ampel rot war, so musste er den Häftling in eine kleine „Wartezelle“ sperren, damit der andere Wärter mit seinem Häftling um die Ecke gehen konnte, ohne dass sich die Häftlinge begegneten.

Blick aus einer Freiluftzelle, d.h. aus einem Hof, in dem die Häftlinge spazieren gehen konnten.

Gegen Ende haben wir uns dann noch die Folterzellen angesehen. In diesen Zellen wurden Häftlinge, die nicht gestehen wollten, der Wasserfolter unterzogen. Bei der Wasserfolter, wurden die Häftlinge nackt ausgezogen und in eine Zelle mit dicken, schalldichten Mauern gesteckt. Diese Zellen hatten keinerlei Mobiliar. Auf den Fußboden wurde Wasser gegossen und ein Fenster wurde geöffnet. Die Häftlinge wurden auch mit Wasser übergossen.

Dadurch, dass die Häftlinge nackt waren, froren sie. Zum Schlafen mussten sie sich auf den mit Wasser bedeckten Boden legen. Da jegliche Einrichtung fehlte, war auch keine Toilette vorhanden und so mussten die Häftlinge in ihren eigenen Exkrementen leben und schlafen.Eine weitere Methode der Wasserfolter beruhte auf dem Prinzip, dass Wassertropfen die einer nach dem anderen auf einen Stein fallen, diesen nach und nach aushöhlen. So wurden die Häftlinge festgezurrt, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnten und auf eine eng begrenzte Körperstelle wurde kaltes Wasser getropft. Diese Körperstelle war in den meisten Fällen die Stirn. Die Häftlinge konnten so jeden Tropfen auf sich zukommen sehen.

Durch unseren Besuch im STASI-Gefängnis haben wir gelernt, dass es den Gefangenen schrecklich erging und dass viele unschuldig ins Gefängnis gebracht wurden. Durch grausame Folterungen wurden sie zu falschen Geständnissen bewegt. Uns wurde dort erst richtig bewusst, wie hart es war in diesem Gefängnis zu leben, denn die Gefangenen hatten harte Vorschriften und wurden immer wieder gequält und gedemütigt.

Die Führung hat uns sehr gut gefallen, weil sie sehr interessant und abwechslungsreich war. Schade war nur, dass so viele Gruppen da waren, dass wir uns die einzelnen Orte nicht in der richtigen Reihenfolge ansehen konnten.

Fasziniert hat uns noch, dass die Zeitzeugin, die unsere Führung übernommen hatte, am Ende erzählte, wie sie sich mit einem Mithäftling über Klopfzeichen unterhalten hatte. Jahre nachdem sie entlassen wurde, traf sie ihn bei einer Veranstaltung bei der er über seine Zeit im Gefängnis berichtete.

Verwendete Quelle zum Thema Wasserfolter: Walter Kempowski, „Ein Kapitel für sich“, Frankfurt 1978.

4. Pergamon Altar

Auf unserer Klassenfahrt nach Berlin haben wir eine Reihe Sehenswürdigkeiten besichtigt, unter anderem auch den weltberühmten Pergamon Altar, der sich im Pergamonmuseum befindet und einen großen Saal für sich beansprucht.

Als wir den Raum betraten, waren wir von der unglaublichen Größe des griechischen Tempels überwältigt.

Ein hoher Fries umläuft den gesamten Altar auf dem mit einzigartiger Kunstfertigkeit der Kampf zwischen den Göttern und den Giganten dargestellt ist.

Es gibt nur wenige Figuren auf dem Fries, die vollständig erhalten sind, die meisten sind beschädigt und viele nicht identifizierbar.

In der Mitte des Tempels führen sehr hohe Treppen zum eigentlichen Altar hinauf, der aber nur zu einem geringem Teil aus Originalstücken wieder aufgebaut werden konnte. Daher sind nur einige Ausstellungsstücke zu sehen.

Wir hatten zum Thema Pergamon Altar eine Aufgabenstellung zu bearbeiten, die wir im Unterricht schon sorgfältig vorbereitet hatten. Dazu hatten wir einen Text aus dem Roman „Ästhetik des Widerstands“ von Peter Weiss bearbeitet,   der einige Szenen aus dem Fries des Pergamon Altars sehr genau beschreibt. Wir sollten diese Szenen finden und diese unserem Deutschlehrer zeigen. Das war eine interessant Aufgabe, da wir uns im Unterricht unter dem Pergamon Altar nicht wirklich bildlich vorstellen konnten. Zudem sollten wir herausfinden, ob die Figuren der aufständischen Titanen wirklich mit mehr Details und vielleicht mit mehr Sympathie gestaltet sind als die der siegreichen Götter. Wenn dies so wäre, dann könnte man den Titel des Romans “Ästhetik des Widerstands“ besser verstehen.  

An dem Altar hat uns die Größe des gesamten Bauwerks gefallen- wenn man in der Mitte vor der Treppe steht ist man von seiner Größe und Vielfältigkeit überwältigt. Es kommt keine Figur doppelt vor und die kämpfenden Götter und Giganten sind teilweise so gut erhalten, dass man jedes Detail erkennt. Außerdem werden die einzelnen Situationen sehr gut dargestellt. Bevor wir im Pergamonmuseum waren, war uns auch noch nicht klar, dass der Pergamon Altar eigentlich ein Tempel ist, wir dachten, er sei ein kleiner Altar. Wir haben auch viel über das Aussehen der Götter gelernt und über die Beziehung zwischen Menschen und Göttern und wie die Menschen sich das Leben der Götter vorgestellt haben. Die Titanen sind übrigens wirklich anders, nämlich realistischer dargestellt, als die Götter, die doch sehr kalt wirken.

Also aus unserer Sicht lohnt sich auf jeden Fall ein Besuch des Pergamon Altars auch, um einfach diese riesige Leistung der damaligen Arbeiter und Steinmetze zu sehen und auch einmal zu erleben wie man so ein großes Bauwerk in einem Raum zeigen kann.

5. Stasi-Zentrale Normannenstraße

Nachdem wir bereits die Stasi-Gefängnisse besichtigt hatten, waren wir gespannt, was uns in der Stasi-Zentrale erwarten würde. Unser Ziel war die ehemalige Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit, die sich in der Normannenstraße befindet.

In der Eingangshalle wartete bereits die Zeitzeugin Franziska Havemann. Ihr Vater war früher Mitglied der SED und ein angesehener Naturwissenschaftler der DDR. Frau Havemann führte uns durch die Zimmer und wir sahen viele Bilder und Büsten berühmter Kommunisten, z.B. von Stalin.

Danach führte sie uns in einen Raum, in dem sich hinter AbsperrungenTische und Stühle befanden. Es war das Dienstzimmer des Ministers Erich Mielke. Von dort befehligte er den riesigen Unterdrückungsapparat „Stasi“, der sich selbst das „Schild und Schwert der Partei“ nannte. Im Haus 1 befand sich auch die Arbeitsgruppe des Ministers und die besonders geheime Arbeitsgruppe für „Sonderaufgaben“, welche ein Einsatzkommando für Terroranschläge war, das im Ernstfall   auch gegen die eigenen Bevölkerung eingesetzt werden sollte.

In Glasvitrinen konnten wir Ausstellungsobjekt betrachten, die sehr interessant waren. Es gab versteckte Kameras in allen Variationen, versteckt in Gießkannen, Taschen usw. Frau Havemann erzählte uns am Ende etwas, was uns sehr überraschte. Die Stasi nutzte sogar Mitschüler, um Kinder auszuspionieren. In jeder Schulklasse sei immer ein jugendlicher Stasimitarbeiter gewesen.  

Am Ende erzählte Sie uns vom Leben ihres Vaters Robert Havemann (1910-1982). Er war Chemiker und wurde 1951 in die SED aufgenommen. 1964 wurde er jedoch wieder entlassen, da er Vorträge hielt, die in vielen Punkten den Ansichten der SED widersprachen. Er forderte beispielsweise größere Meinungsfreiheit für die Bürger. Seine seit 1963 bestehende Freundschaft mit dem Liedermacher Wolf Biermann, dessen „Stasi-Ballade“ wir im Unterricht besprochen hatten, veranlasste Havemann 1976 gegen Biermanns Ausbürgerung aus der DDR zu protestieren. Wegen seines Einsatzes für seinen Freund wurde   über Havemann und seine Familie ein Hausarrest verhängt. Sie mussten von nun an ein isoliertes Leben führen. Schließlich fand Franziska Havemanns Vater 1982 den Tod, nachdem ein Arzt ihm im Auftrag der Stasi Medikamente gab, die seine Krankheit nicht heilten, sondern verschlimmerten.

Nachdem sie ihre interessante Geschichte geschildert hatte, verabschiedeten wir uns mit einem donnernden Applaus von ihr und machten uns, in unserer Vorfreude nicht enttäuscht, auf den Heimweg zur Jugendherberge.