Schüleraustausch 2005

Interkulturelles und sprachliches Lernen praktisch –

Polnischer Besuch an der Albert-Einstein-Schule

Zum dritten Mal waren 15 polnische Schülerinnen und Schüler in der zweiten Märzwoche zu Gast in Schwalbach. Drei Lehrerinnen und Lehrer der Albert-Einstein-Schule hatten den Schüleraustausch zusammen mit ihren polnischen Kolleginnen aus Schwalbachs Partnerstadt Olkusz organisiert. Mit einem abwechslungsreichen Ausflugs- und Kulturprogramm begeisterten die Schule und die 15 deutschen Schüler ihre Gäste: ein Besuch im Goethemuseum in Frankfurt, eine Busfahrt an den Rhein zur Loreley, eine Besichtigung des Opelwerks in Rüsselsheim, ein Opernbesuch sowie ein Besuch im Schwalbacher Rathaus. „Es ist wichtig mehrere Sprachen zu erlernen, um in der erweiterten EU reisen zu können“, betonte Schwalbachs Bürgermeister Herr Seel bei der Begrüßung der Gäste. Die Kommunikation zwischen den Jugendlichen, bzw. den Lehrern und Eltern erfolgte auf Englisch und Deutsch.

In der Schule wurde ein Workshop „Kreatives Schreiben“ durchgeführt, der unter dem Motto Begegnungen stand. Herr Müller-Droste, Lehrer für Darstellendes Spiel, übte mit der Gruppe Szenen zu den selbst geschriebenen Texten ein; diese wurden beim Abschlussabend vorgeführt zur Freude der Zuschauer, aber auch der Darsteller.

Der Austausch wurde unterstützt durch Spenden der St. Katharina-Gemeinde in Bad Soden sowie der Schwalbacher Gemeinden: Sankt Pankratius, Evangelische Friedensgemeinde und der Evangelischen Limesgemeinde.

Im Mai werden die Schülerinnen und Schüler der Albert-Einstein-Schule zum Gegenbesuch in Olkusz erwartet.

D. Herrmann

 

Polnische und deutsche Schülerinnen und Schüler

vor dem Goethe Denkmal in Frankfurt

 

Hoechster Kreisblatt

Printausgabe vom 19.03.2005

Deutsch-polnischer Austausch

Schüler überwinden Vorurteile

Von Anne Zegelman

Schwalbach. «Bist du aus Polen?» Die Frage klingt schüchtern und ängstlich. Scheinbar kostet es die Schülerin viel Mut, sich dem fremden Mädchen zu nähern. Doch als die junge Polin ihren Zeichenblock herausholt, ist das Eis gebrochen. «Das hast du gemalt?», fragt die deutsche Schülerin begeistert. «Das sieht toll aus!» Das polnische Mädchen lächelt, als plötzlich direkt vor den beiden eine Gestalt mit weißer Maske auf die Bühne taumelt und zusammenbricht. Erschrocken eilen die Schülerinnen auf die am Boden Liegende zu und beugen sich über sie. «Wir müssen ihr helfen!», ruft die eine. «Nein, lass' sie liegen, da kommt jede Hilfe zu spät!», meint die andere. Die Mädchen verlassen die Bühne. Als die Gestalt sich plötzlich regt und aufsteht, herrscht zunächst Verwirrung in der Aula der Albert-Einstein-Schule (AES). Die Schülerin nimmt die weiße Maske mit dem traurigen Gesicht ab und wendet sich an die Mitschüler im Publikum. «Ich bin Vorurteil, Angst und Ablehnung», sagt sie auf Englisch. «Dadurch, dass die beiden Mädchen miteinander geredet haben, wurde ich vernichtet. Jetzt bin ich tot.»

«Sehr gut», ruft Gerd Müller-Droste und klatscht in die Hände. Der Lehrer, der seit einigen Jahren an der Einstein-Schule Darstellendes Spiel unterrichtet, übt mit den Schülern des Schwalbacher Gymnasiums und 15 Austauschschülern aus der polnischen Partnerstadt Olkusz in der Aula kleine Szenen ein, die bei der Abschiedsfeier vorgeführt werden sollen. «Es geht darum, die Schüler zu lockern und sie freizumachen von allem schulischen Ballast», sagt Gerd Müller-Droste.

Für die drei Jungen und zwölf Mädchen, die für sechs Tage in Gastfamilien untergebracht sind, ist das Theaterspielen eine völlig neue Erfahrung. «Bei uns in Polen gibt es keinen Theaterunterricht, aber das Agieren auf der Bühne macht den Schülern richtig Spaß», sagt Agnieszka Piaszny. Sie unterrichtet Deutsch an der Olkuszer Oberschule und hat daher keine Probleme, sich gut zu verständigen.

Ihre Kollegin Dorota Krzyzkowska spricht zwar kein Deutsch, hat aber die Erfahrung gemacht, dass die meisten Deutschen Englisch sprechen. «Dieser Austausch ist mehr als nur ein Treffen, es geht um gemeinsamen Erfahrungsaustausch», sagt die Englischlehrerin. Für sie ist es der erste längere Aufenthalt in Deutschland, während Agnieszka Piaszny bereits zum dritten Mal in Schwalbach ist.

Genau so oft haben polnische Schüler das hessische Gymnasium schon besucht. «Wir hoffen, dass wir auch nächstes Jahr wieder herkommen können», sagt die Deutschlehrerin. «Es gibt noch viele Erfahrungen zu machen.» Während des Aufenthaltes haben die Gäste ein dichtes Programm zu absolvieren. Neben der Teilnahme am Unterricht machen die Austauschschüler und ihre Lehrerinnen eine Stadtführung in Frankfurt, besuchen ein Konzert in der Alten Oper und fahren für einen Tag nach Rüdesheim. Außerdem stehen Besichtigungen am Flughafen und im Opelwerk in Rüsselsheim an. Auch Bürgermeister Roland Seel begrüßt die Gäste im Rathaus.

«Deutschland ist ein schönes Land, die Leute sind sehr freundlich», sagt Austauschschülerin Olga (17). «Ich habe nicht das Gefühl, dass es noch Vorurteile gibt.» Nicht alle teilen diese Meinung. Die 17 Jahre alte Katja hat ebenfalls einen polnischen Gast zu Hause und glaubt, viele Menschen treten anderen Kulturen noch immer ablehnend gegenüber. «Vor allem die Sprache ist natürlich ein Problem», sagt die Schülerin. «Viele meiner Freunde wollten lieber beim England-Austausch mitmachen, denn da weiß man, dass man die Sprache auf jeden Fall versteht.» Trotzdem hätten Jugendliche beider Länder viele Berührungspunkte. «Wir unterhalten uns über Musik, ich spiele ihr vor, was zurzeit bei uns so im Radio läuft», sagt Katja.

Mareike (17) und ihre Austauschschülerin Magdalena (18) haben zusammen im Atlas geblättert, alte Karten aber dabei lieber überschlagen. «Über Geschichte zu reden, wird schon vermieden», sagt Mareike. «Wir haben im ,Hier und Jetzt' mehr gemeinsam als in der Vergangenheit.»